Discjockey Gerhard Schmiderer gehört zum MooserWirt, wie der Jagatee zum Après Ski. Seit einem Vierteljahrhundert gibt er in der „Mutter aller Skihütten“ den Ton an. Ans Aufhören denkt das DJ-Urgestein noch lange nicht.
I’m on the highwaaaay to hell… tönt es aus den Boxen. Trotz rockiger Klänge geht es im MooserWirt an diesem Nachmittag kurz vor Weihnachten noch beschaulich zu. „AC/DC funktioniert seit 25 Jahren“, sagt Gerhard Schmiderer. Ebenso lange steht der 68jährige als DJ hinterm Pult des Kultlokals in St. Anton am Arlberg. Wenn die Saison in vollem Gange ist, schunkeln und tanzen hier hunderte Wintersportler aus aller Welt, an starken Tagen werden bis zu 3.000 Gäste bedient.
Der DJ steuert die Stimmung
„Die Mischung macht’s“, erklärt Schmiderer. Neben internationalen Klassikern dürfen altbekannte Après-Ski-Hits von DJ Ötzi & Co. niemals fehlen. „Man braucht vor allem Gefühl aber auch viel Erfahrung. Man merkt es an der Bewegung der Leute, an der Reaktion generell. Kann ich auf dieser Schiene weiterfahren oder muss ich eher forcieren? Ich habe die Leute in der Hand, mit der Kraft und der Intensität der Musik kann ich es steuern“, sagt der DJ-Veteran und wirkt dabei von Grund auf bescheiden. MooserWirt-Chef Eugen Scalet schreibt Gerhards Fähigkeiten immerhin ein Drittel des Gesamtumsatzes zu.
Die Mutter aller Skihütten
Die „Mutter aller Skihütten“ nennen internationale Medien das Lokal, nicht zuletzt seitdem RTL II von hier seine „Aprés Ski Hits“ live in die deutschen Wohnzimmer überträgt. Die „wahrscheinlich schlechteste Skihütte am Arlberg“ ist dagegen die augenzwinkernde Eigenbezeichnung. In Wahrheit leistet der MooserWirt gastronomische Höchstleistungen. Pro Saison sprudeln hundertausende Liter Bier und Glühwein durch die Schläuche des kilometerlangen Zapfsystems. Das Getränkelager liegt tief unter dem Berg und hat die Größe einer Tiefgarage. Ein eingespieltes Service-Team versorgt hunderte Partygäste gleichzeitig und auch die Küche arbeitet auf Top-Niveau. „Aber am wichtigsten ist, dass die Urlauber miteinander eine gute Zeit haben, bei Musik, die sie anspricht“, meint Gerhard Schmiderer.
Kompass für neue Hits
„Wenn sich jemand ein Lied wünscht und ich habe es nicht, dann sage ich: Komm morgen wieder, dann habe ich es“, erzählt der DJ. Allzu vulgäre Songs oder derbe Trinklieder haben aber keinen Platz in seiner Playlist. „Man muss aufpassen, dass das Niveau nicht zu tief wird. Gerade wenn große Männergruppen kommen“, sagt der Partyexperte. Zu Beginn der Wintersaison wirft er immer einen Blick auf die neuen Ballermann-Hits, die auf Mallorca Erfolg hatten. „Dann muss ich abwägen: Passt das zu uns?“ Gerhards Gefühl hat sich bisher meistens als richtig erwiesen. Einzig im Jahr 1999 hat ihn seine Intuition getäuscht. Beim ersten Hinhören hatte Schmiderer dem „Anton aus Tirol“ nicht viel Potenzial zugetraut. Zu Unrecht, das Lied stürmte die Charts und DJ Ötzi wurde Kult.
Ein Leben für die Musik
Wenn der MooserWirt um 20 Uhr seine Pforten schließt, geht Gerhard seinem Zweitjob nach. Als Live-Musiker bespielt er seit 50 Jahren Feste und Hochzeiten mit Stimmungsmusik. „Wichtig ist, dass ich frei bin für meinen Job. Wenn ich zu Hause Probleme hätte, könnte ich diese Arbeit schon längst nicht mehr machen. Frauengeschichten oder ein unsolider Lebenswandel könnte ich mir nicht leisten. Ich muss jeden Tag fit sein“, erklärt Gerhard Schmiderer das Geheimnis seiner langen Karriere. Sein Sohn Thomas ist dabei, in Gerhards Fußstapfen beim MooserWirt zu treten. Ganz will er das DJ-Zepter aber noch nicht aus der Hand geben. „Solange es mir so Spaß macht, bleibe ich dabei. Ich muss immer am Ball bleiben und so bleiben auch meine Gedanken jung. Das ist mein Ding und ich mache es gerne“.
Klaus Brunner
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